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  • AutorenbildThomas Röhrßen

Das ZONING-Konzept der Zentralen Notaufnahme - fachlich logisch und logistisch effizient!

Aktualisiert: 16. Aug. 2023



Ein Beitrag von Thomas Röhrßen und Prof. Dr. Thomas Fleischmann


Die Zentrale Notaufnahme (ZNA) ist immer schon der Dreh- und Angelpunkt der Krankenhausversorgung und wird immer mehr zu einem strategischen Erfolgsfaktor von Krankenhäusern. Die Pandemie hat dies nicht nur wieder gezeigt, sondern sogar verstärkt. Das G-BA Stufenkonzept der Notfallversorgung ist seit 2018 gültig und setzt neue Anforderungen, die noch lange nicht alle an den Krankenhausstandorten umgesetzt sind. Und immer noch fehlt vielen Kliniken ein schlüssiges Organisationskonzept, in dem die verschiedenen Patientengruppen je nach ihrem spezifischen Bedarf effizient ohne Fehlallokation, organisationsverschuldete Risiken, unproduktive Wartezeiten und Ressourcenverschwendung versorgt werden. Unser ZONING-Konzept ist die konsequenteste Antwort auf dieses Problem!


Unser ZONING- Konzept


Das ZONING-Konzept wurde von Prof. Dr. Fleischmann aus seiner langjährigen Leitungserfahrung als Chefarzt zahlreicher Zentraler Notaufnahmen in Deutschland und der Schweiz sowie aus der mehrjährigen gemeinsamen Projekterfahrung mit der roehrssen consult GmbH entwickelt. Das ZONING-Konzept ist unsere Antwort auf die organisatorischen Struktur- und Prozessanforderungen einer Notaufnahme, die u.a. im Notfallstufenkonzept gefordert werden.

Ausgangslage für das ZONING-Konzept ist die Tatsache, dass die Patienten einer Zentralen Notaufnahme eine hohe Symptom-, Dringlichkeits- und Indikationsvarianz aufweisen sowie ganz unterschiedliche Untersuchungs-, Beobachtungs- und Behandlungsnotwendigkeiten erfordern – eine Situation, die mit der klinischen Praxis von klassischen Fachabteilungen in keiner Weise zu vergleichen ist.


Was verstehen wir unter Zone? Eine Zone ist eine möglichst räumlich definierte Funktionseinheit, die ein spezifisches Diagnostik-, Behandlungs- und Ausstattungsangebot für klar definierte Patientengruppen bereithält. Dabei geht es auch darum, die personellen und räumlich-technischen Ressourcen und Leistungen innerhalb definierter Behandlungszeiten optimal einzubringen. Jede Zone hat eine eigene Logistik, bestimmte Patientencharakteristika und einen Workflow mit definierten Zeitfenstern und maximaler Effizienz. Ohne diese funktionelle und prozessuale Abgrenzung verstricken sich Zentrale Notaufnahmen in einem Grundproblem: Patienten landen hektisch in Abläufen, in denen räumliche, zeitliche und personelle Ressourcen nicht indikationsgerecht und effizient eingesetzt werden. Viele Patienten werden dann nach einem einheitlichen unspezifischen Prozessstandard gesichtet, untersucht, behandelt und beobachtet. Einige Zentrale Notaufnahmen gehen zwar schon „auf dem Zahnfleisch“, verschwenden dabei aber auch dennoch kostbaren Ressourcen. Die Zonen sollten bei ausreichender räumlicher Ausstattung auch als räumlich-organisatorische Teilbetriebseinheiten der Zentralen Notaufnahme gesehen werden. Sie können bei räumlichen Engpässen aber auch flexibel in den Räumen dargestellt werden. Das Zoning-Konzept entspricht dann eher einer virtuellen Organisation, d.h. einzelne Räume können flexibel genutzt werden, aber es ist immer klar zu welcher funktionalen Behandlungseinheit, in diesem Fall eine „virtuelle Zone“, ein Patient gehört.

Jede Zone hat definierte Patientengruppen, zugeordnete Mitarbeiter*innen mit der geforderten Qualifikation, festgelegte Arbeitsweisen und Abläufe sowie eine maximale Aufenthaltsdauer.



Die 6 ZONEN einer Zentralen Notaufnahme im Krankenhaus


Wir gliedern die ZNA in 6 organisatorische Einheiten/ Zonen:

1. In-Flow Area

2. Short Care Unit

3. Moderate Care Unit

4. High-Dependency Unit

5. Isolation Unit

6. Decision Unit

Die einzelnen Zonen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Patientenstruktur (gemäß Triagierung), der Kernprozesse und Anforderungen, sowie der geplanten Aufenthaltszeiten und der stationären Aufnahmewahrscheinlichkeit:

(Abb. ZONING -Konzept nach Prof. Dr. Thomas Fleischmann 2022)

Das ZONING-Konzept hat mehrere nachweisbare Nutzeneffekte:

  • Die Klinischen Abläufe der Notfallversorgung werden deutlich beschleunigt, so dass insgesamt eine geringere ZNA-Aufenthaltsdauer besteht;

  • Das Streaming der Patienten erfolgt schnell in nach Dringlichkeit und erwartetem Ressourcenverbrauch gestalteten Einheiten, die nach fachlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten konzipiert sind;

  • Die Anforderungen und Erwartungen sind für die Ärzt*innen, Pflegefachkräfte und Medizinischen Fachangestellten bezogen auf die fachlichen Aufgaben der Zonen spezifisch definiert;

  • Die gesamte ZNA ist übersichtlich modular gegliedert und das Navigieren zwischen den Zonen bzw. Behandlungsnotwendigkeiten ist einfach, so dass die Steuerung und Supervision der Patient*innen für die Koordinations- und Führungskräfte deutlich erleichtert wird.

Besonderes Augenmerk sollte zukünftig auch auf der Arbeitsplatz- und IT-Infrastruktur von Zentralen Notaufnahmen liegen. Empirische Studien zeigen, dass häufig nur 25% der Arbeitszeit einer Zentralen Notaufnahme im direkten Patientenkontakt erbracht wird. Etwa 55% der Arbeit erfolgt in den Bereichen „Dokumentation“ und „Klinische Kommunikation“.

(vgl. Füchtbauer, L. M., Nørgaard, B., & Mogensen, C. B. (2013). Emergency department physicians spend only 25% of their working time on direct patient care. Danish medical journal, 60, 1–5)


Ein Multitasking mit simultaner Dokumentation ist im Patientenkontakt problematisch. Tendenziell wird vermutlich bald schon 80 bis 85% der Arbeit nicht mehr patientennah erbracht, so dass viele Tätigkeiten im Bereich Administration, Dokumentation, Koordination, interdisziplinäre und interprofessionelle Kommunikation und Clearing etc. in einer optimalen räumlich-technischen Infrastruktur außerhalb der Behandlungsräume stattfinden muss. Dies erfordert große Mehrarbeitsplatz-Räume mit ausreichend PC-Arbeitsplätzen. Viele Zentrale Notaufnahmen mit einem Mangel an Fläche und IT-Hardware entwickeln sich zu Effizienzbremsen mit chronischer Unzufriedenheit beim Personal.


Fazit


Leichterkrankte oder Leichtverletzte mit mehrstündige Patientenaufenthaltszeiten, volle Flure und Engpässe in den Untersuchungsräumen, lange Konsilschleifen der einzelnen Disziplinen, mangelnde Steuerungs-, Entscheidungs- und Durchsetzungskompetenzen des ZNA-Teams, Fachkräftemangel und hohe Unzufriedenheit des Personals sowie fehlende Bettenkapazitäten zur Verlegung auf die Fachabteilungen und Stationen - das ist Realität in vielen deutschen Notaufnahmen. Das neue ZONING-Konzept ist für uns Ausgangspunkt jeder ZNA-Restrukturierung und Prozessoptimierung. Die einzelnen Zonen werden räumlich und personell eindeutig zugeordnet. In jeder Zone werden die fachlichen Anforderungen, organisatorischen Prozesse und Ausstattungsmerkmale klar definiert und implementiert. Mit dem ZONING-Konzept hat die Zukunft der stationären Notfallversorgung heute schon begonnen.



Unser EQC – EMERGENCY-QUICK-CHECK Auf der Grundlage des MD-Prüfungskonzepts zum G-BA-Notfallstufenmodell und unseres ZONING-Konzepts haben wir unseren EMERGENCY-QUICK-CHECK für Zentrale Notaufnahmen entwickelt.

Nur an einem Tag vor Ort (in kleinen Kliniken mit 1 Berater/ in mittleren und großen Kliniken mit 2 Beratern) - ergänzt durch wenige zusätzliche Analyseschritte – prüfen wir die ZNA auf ihre Zukunftsfähigkeit unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen, den Umfeldbedingungen im Gesundheitsmarkt sowie den internen Schnittstellen zu den Kliniken. Über eine hochfokussierte und multimodale Analyse (Ortsbegehung mit Struktur- und Prozessanalyse, moderiertes Fachgespräch, Interviews) und einen Kurzbericht schaffen wir eine Grundlage für die systematische Weiterentwicklung der klinischen Organisation Ihrer ZNA.


Der EMERGENCY-CHICK-CHECK konzentriert sich auf folgende Dimensionen:

  • Allgemeine Anforderungen aus dem G-BA-Notfallstufenmodell (SOll-IST)

  • ZNA-Führungssystem und Personalstruktur

  • ZONING-Analyse: Funktionskonzept und räumliche Infrastruktur

  • Prozessanalyse patientennah: wie z.B. Triagierung – Ärztlicher Primary View – Behandlung – Beobachtung – ärztliche und pflegerische Aufnahmetätigkeit, Untersuchung, Intervention etc.

  • Prozessanalyse Sekundär- und Steuerungsprozesse: Administration, IT und Dokumentation, interdisziplinäres Clearing, Schnittstellenmanagement, Aufnahme- und Belegungssteuerung, Besprechungen.


Thomas Röhrßen ist Coach, Leadership-Experte und Unternehmensberater. Er führt seit 1987 Projekte zur Strategie- und Strukturentwicklung, zur Personal- und Kulturentwicklung sowie Führungstrainings und Coaching in Krankenhäusern und Hospitalgruppen durch. Als Leadership Experte hat er ein psychologisch-fundiertes Führungskonzept für Leitende Ärzte und Ärztinnen entwickelt (vgl. Röhrßen/ Stephan. Leadership Performance Krankenhaus. Berlin 2021). Seit 30 Jahren berät er das Krankenhausmanagement in Fragestellungen der strategischen Unternehmensentwicklung und Unternehmensverbindung, der Analyse und Entwicklung der Führungsstrukturen sowie im klinischen Prozessmanagement (Medizinische Zentrenbildung, OP-Management, Zentrale Notaufnahmen, Intensivtherapie und IMC, Klinikorganisation, stationäre Organisation und Pflegemanagement, Aufnahme-, Entlassungs- und Belegungsmanagement etc.).



Prof. Dr. Thomas Fleischmann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit den Zusatzbezeichnungen Klinische Akut- und Notfallmedizin (D) und Klinische Notfallmedizin (CH). Er verfügt weiterhin über die Zusatzqualifikation European Board Certification in Emergency Medicine EBCEM und ist Fellow College of Emergency Medicine FCEM (UK), Fellow European Society for Emergency Medicine FESEM und Master of Health Business Administration MHBA.

Prof. Dr. Fleischmann ist Professor für Physician Assistance/ Schwerpunkt Notfallmedizin an der SRH Hochschule für Gesundheit. Prof. Dr. Fleischmann hat bisher 6 Bücher zur Klinischen Notfallmedizin herausgegeben. Prof. Dr. Fleischmann ist einer der ersten deutschen Notfallmediziner mit langjähriger Erfahrung als Leiter von Notaufnahmen in Deutschland und der Schweiz. Er ist Mit-Autor des europäischen Curriculums für Notfallmedizin und hat mehrere Notaufnahmen ärztlich geleitet und viele Notaufnahmen in Zusammenarbeit mit der roehrssen consult GmbH reorganisiert.


Beispielhafte Veröffentlichungen von Prof. Dr. Thomas Fleischmann:




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